
Alle Jahre wieder wird spätestens zum Weltfrauentag am 08. März das Thema Gleichberechtigung in der Berufswelt heiß diskutiert. Ein Blick auf die aktuelle Entwicklung lohnt sich, um festzustellen, dass diese zwar grundsätzlich positiv ist, gleichzeitig Probleme weiterhin bestehen. Welche sind das also?
Laut Statistischem Bundesamt lag der Anteil weiblicher Schulabsolventen im Schuljahr 2014/2015 an Hauptschulen bei 43,5%, an Realschulen bei 49,1% und an Gymnasien bei 52,0%. Die Statistik macht also sehr deutlich, dass mit zunehmender Bildungsstufe im gegliederten Schulsystem Deutschlands auch der weibliche Anteil unter den Absolventen zunimmt. Und auch unter Studenten stellen Frauen mit 50,2 % hauchdünn die Mehrheit. So weit, so gut.
Anders sieht es bei den Vorstandsmitgliedern der DAX-, MDAX- und SDAX-Unternehmen aus. Zum 01. Juli 2016 waren von 670 Vorstandsmitgliedern der Indices 43 Frauen. Das entspricht einem weiblichen Anteil von 6,4 %. Der Blick in den Schleswig-Holsteinischen Landtag liefert immerhin ein etwas besseres Ergebnis. 25 der 69 Sitze sind von Frauen besetzt.
Dass Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft oder in der Politik unterrepräsentiert sind, ist hinreichend bekannt. Diese Zahlen offenbaren aber auch, wieviel vorhandenes Potenzial nicht genutzt wird. Gerade aus ökonomischer Sicht sollte man in Unternehmen doch erwarten, dass ein hohes Interesse an diesem Potenzial auch in Hinsicht auf Führungspositionen bestünde. Was ist also die Ursache dafür, dass Frauen, die durchschnittlich über eine höhere Bildung gemäß Schulsystem verfügen, in Führungspositionen der Berufswelt stark unterrepräsentiert sind und im Durchschnitt weniger verdienen als Männer?
In diesem Zusammenhang weisen Studien immer wieder darauf hin, dass die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen und der damit einhergehende und anhaltende Gehaltsunterschied neben der Wahl des Berufs und der Honorierung der verantworteten Aufgaben im Beruf vor allem auch dadurch zu erklären ist, dass es in der Regel die Frauen sind, die nach der Geburt ihrer Kinder temporär aus dem Unternehmen ausscheiden. Und Unterbrechungen im beruflichen Werdegang sind für den Karriereweg nun mal nicht förderlich. Das Rollenbild der Frau im Zusammenhang mit der Erziehung der Kinder hat also maßgeblichen Einfluss darauf, wie lange Frauen erwerbstätig sind und ob sie Unterbrechungen einplanen, was sich wiederum auf Karriere und Höhe des Gehalts auswirkt. Laut Statistischem Bundesamt lag im Jahre 2010 die Quote der aktiv erwerbstätigen der Frauen mit Kindern bis zum 46. Lebensjahr signifikant unter der Quote der aktiv erwerbstätigen Frauen ohne Kinder. Dabei steigt mit zunehmendem Alter der zu betreuenden Kinder auch die Quote der aktiv erwerbstätigen Frauen mit Kind(ern) im erwerbsfähigen Alter wieder an.
Eine Frauenquote wird diesen Sachverhalt nicht ändern. Ich bin daher der Überzeugung, dass eine verordnete Quote nicht den gewünschten Effekt herbeiführen kann, auch wenn im vergangenen Monat verkündet wurde, dass der Frauenanteil in Aufsichtsräten der von der Frauenquote betroffenen Unternehmen durchschnittlich auf 27 % gestiegen ist. In Ländern mit deutlich höherer Frauenquote wie z. B. in Schweden wurden im Jahre 2015 laut EUROSTAT weiterhin unbereinigte Gehaltsunterschiede von rd. 14 % verzeichnet und zwar aus den hier genannten Gründen.
Neben den gewünschten Effekten wie gleichberechtigte Teilhabe und gleiche Bezahlung bringt die Frauenquote aber auch unerwünschte Effekte mit sich. Eine gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote führt potenziell dazu, dass die Führungspositionen derjenigen Frauen, die von der Quote profitiert haben, vermehrt auf die verordnete Frauenquote zurückgeführt werden. Denjenigen Frauen, die aufgrund Ihrer Leistung auch ohne Quote den Aufstieg schaffen, wird andererseits die Anerkennung und Würdigung ihrer Leistung verwehrt. Es könnte der Eindruck entstehen, demzufolge Männer sich ihre Position weiterhin erarbeiten müssen, während einige Frauen ihre beruflichen Positionen allein der Frauenquote zu verdanken hätten. Dies schadet dem Ansehen von Frauen in den so besetzten Positionen, wie ein Beispiel aus Norwegen deutlich gemacht hat (Stichwort: Goldene Röcke).
Darüber hinaus funktionieren Führungsetagen, die seit jeher von Männern dominiert werden, auch nach Regeln, die eben von diesen bestimmt werden. Für mich ist es deshalb nicht verwunderlich, dass von 2011 bis 2014 knapp die Hälfte der weiblichen DAX-Vorstandsmitglieder aus den Vorständen wieder ausgeschieden ist. Ein System, dass über Jahrzehnte einseitig dominiert wurde, wird man auch durch eine Frauenquote nicht von heute auf morgen verändern können. Es muss klar sein, dass der Wandel in den Führungsetagen in Schleswig-Holstein bzw. deutschlandweit auch davon abhängig ist, welches Rollenbild der Frau in unserer Gesellschaft verankert ist.
Die Lösung des Problems liegt meines Erachtens vielmehr in einem ausgeklügelten Konzept zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, welches es schafft, dass das Potenzial der Frauen und den daraus resultierenden Nutzen und die Bereicherung für die Wirtschaft, Politik und die Gesellschaft im Allgemeinen hervorgehoben wird und sich dabei insbesondere auf den Wiedereinstieg von Mütter konzentriert sowie Transparenz bei den Bewerbungsverfahren auch für Führungspositionen schafft. Ich persönlich bin froh, meine Kandidatur nicht einer Quote zu verdanken, sondern der Überzeugung meiner Unterstützer, denn das hat den Vorteil, dass ich auch weiterhin unterstützt werde.
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