„KIELS OBERBÜRGERMEISTER ERST 17 JAHRE ALT!“!?

22.05.2014
Persönliche Meinung

Von Birte Glißmann Beisitzerin im Landesvorstand und Leiterin der Mommission Innen und Recht

Im Schleswig-Holsteinischen Landtag wird derzeit heftig darüber gestritten, ob und wenn ja, inwieweit die Altersgrenze für Bürgermeister und Landräte aufgehoben werden soll.Birte-Glißmann

Der Stein wurde durch einen Änderungsentwurf der FDP-Fraktion zur Aufhebung der Altersgrenze nach oben und eine Absenkung der Altersgrenze von 27 auf 21 ins Rollen gebracht.

Die Piraten haben das Problem ebenfalls erkannt und einen Änderungsentwurf formuliert, in dem die komplette Abschaffung der Altersgrenze gefordert wird und somit jeder Bürgermeister oder Landrat werden kann, sobald er das 16 Lebensjahr vollendet hat und die „für dieses Amt erforderliche Eignung, Befähigung und Sachkunde“ mitbringt.

Derzeitig kann man Bürgermeister oder Landrat werden, sobald man das 27. Lebensjahr vollendet hat, aber noch nicht älter als 68 Jahre als ist.Gerade die Junge Union setzt sich immer wieder mit den Problemen des demographischen Wandels auseinander und sucht nach Lösungen, mit denen Jung und Alt möglichst lange voneinander lernen und profitieren können.

Kopfzerbrechen bereitet ebenfalls die schwierige Kandidatenfindung für kommunale Wahlämter, insbesondere bei den Wahlen zu den (ehrenamtlichen) Bürgermeisterämtern in Schleswig-Holstein.Diese Probleme können wir mit einer Änderung der Alternsgrenze zwar nicht beheben, diesen aber entgegenwirken und ein Wissenstransfer zwischen den Generationen anregen.Die Bürger Schleswig-Holsteins werden, wie im ganzen Bundesgebiet, immer älter, sind im Alter erfreulicherweise dennoch fit und vital, so dass die Altersgrenze von 68 veraltet ist und es gerade in kleineren Gemeinden und Städten vorstellbar ist, dass langjährige Mandatsträger durch die Abschaffung der Altersgrenze ihre langjährige Erfahrung weiterhin zum Wohle der Allgemeinheit einbringen können.

Für eine Absenkung der Altersgrenze von 27 auf 21 Jahren spricht, dass auch junge Menschen früher Verantwortung übernehmen wollen und auch sollen.Dennoch sollte vor der Amtsausübung zumindest Zeit für den Abschluss einer Berufsausbildung gewesen sein und der strafrechtliche Status des Heranwachsenden überschritten sein, um die Verantwortung für ein solches Amt im vollen Maße übernehmen zu können und für das eigene Handeln im vollen Umfang haften zu können. Die Altersgrenze von 21 ist somit keine willkürlich gewählte Altersgrenze, sondern eine rechtlich sinnvolle Grenze für die Übernahme einer solchen Verantwortung.

Eine komplette Abschaffung der Altersgrenze im Sinne des Antrags der Piraten lehnen wir aus diesen Gründen ab.

Außerdem führt die im Entwurf eingeführte unbestimmte Formulierung „für dieses Amt erforderliche Eignung, Befähigung und Sachkunde“ zu einer unzulässigen Einschränkung der passiven Wahlfreiheit der Bürger. Die Bestenauslese kommt bei Lebenszeitbeamten als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums zur uneingeschränkten Anwendung. Bei Wahlbeamten hingegen, die durch das Volk unabhängig von ihrer Qualifikation für das Amt legitimiert werden können, muss die Bestenauslese hinter dem Demokratieprinzip zurückstecken und darf die Wahl der Bürger nicht einschränken.

Aber auch aus rechtspolitischen Gründen sollte das Amt eines Wahlbeamten weiterhin allen Schichten der Bevölkerung offen stehen und somit keine Bestenauslese eingeführt werden. Durch die direkte Wahl erfahren die kommunalen Wahlbeamten die höchste Legitimation und die beste Bestenauslese, die unser Rechtsstaat vorsieht: die Wahl durch die wahlberechtigten Bürger. Dem Wahlbürger sollte insoweit ein höheres Vertrauen geschenkt werden. Selbst das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass „Das Amt des hauptamtlichen Bürgermeisters den Angehörigen aller Schichten der Bevölkerung offenstehen soll, sofern sie das Vertrauen der Gemeinde genießen“. Ob ein Kandidat die nötige Kenntnis und Befähigung mitbringt, soll also alleine durch die wahlberechtigten Bürger entschieden werden.

Sollte der Bürger sich dennoch getäuscht haben und ein Bürgermeister oder Landrat sich im Amt rechtswidrig verhalten, muss dieser natürlich für sein Handeln auch haften. Das ist aber erst möglich, wenn dieser 21 Jahre alt ist.Die Übernahme von Verantwortung in den Kommunen und Kreisen sollte gefördert und von den Bürgern eingefordert werden. Mit der Beibehaltung der derzeitigen Regelung steht das Land dem Verantwortungsbewusstsein seiner Bürger entgegen. Das bedeutet dringenden Handlungsbedarf!Der Änderungsentwurf der FDP kann die oben genannten Probleme zwar nicht im Keim ersticken, diesen aber zumindest entgegenwirken, so dass die Chance einer Besserung der Situation genutzt werden sollte.

Man stelle sich einmal vor, nach dem Fall Gaschke widerfährt der Stadt Kiel ein ähnliches Problem wie dem niederbayrischen Landkreis mit einem minderjährigen Oberbürgermeister…