
Die Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein müssen momentan einen dramatischen Unterrichtsausfall erdulden. Wenn ich in meinem Freundeskreis nachfrage, sind bis zu 40 % Ausfall keine Seltenheit! Teilweise müssen Schüler einen ganzen Tag zuhause bleiben, weil gar kein Unterricht stattfindet. Das ist mir auch schon passiert. Auf Beschwerden wird, von Seiten der Landesregierung, nicht reagiert. Manche werden sich fragen, warum sich Schüler über Unterrichtsausfall beklagen und denken, die meisten Schüler freuen sich, wenn mal eine Stunde ausfällt. Ja, jeder Schüler freut sich, wenn er freitags mal eine Stunde früher ins Wochenende starten kann, aber mittlerweile hat der Unterrichtsausfall ein Ausmaß, das man nicht mehr tolerieren kann! Gerade in der Oberstufe, wenn man auf der Zielgeraden zum Abitur ist, ist ein hoher Unterrichtsausfall ganz und gar nicht mehr witzig! Viele Schüler fühlen sich von der Landesregierung alleine gelassen. Hierfür zitiere ich gerne eine Klassenkameradin: „Warum soll ich überhaupt noch zur Schule gehen, wenn ich mir sowieso alles selber beibringen muss?“ Wenn wochenlang zwei Kernfächer ausfallen, machen sich die Schüler sorgen, nicht optimal auf das Abitur vorbereitet zu sein.
Die Gründe für den hohen Unterrichtsfall sind leicht zu ermitteln, dennoch macht Bildungsministerin Ernst keine Anstalten diese zu minimieren. Zum einen fallen schon aus strukturellen Gründen Stunden aus. Das heißt: Es gibt zu wenig Lehrer und manche Schulen können gar nicht alle, nach Stundenplan vorgesehenen Stunden, stellen. Dann wird z.B. nur im ersten Halbjahr Erdkunde unterrichtet, obwohl es eigentlich das ganze Jahr sein müsste. Diesen Unterrichtsausfall bemerken wir nur, wenn wir uns intensiv mit den Plänen befassen. Ein weiterer Grund ist die hohe Belastung der Lehrkräfte. Wer an einer gymnasialen Oberstufe in mehreren Klassen Kernfächer unterrichtet, z.B. Deutsch und Englisch, für den sind 25,5 Wochenstunden einfach zu viel! Dass das einige Wochen gut geht, ist klar! Aber über Wochen und Monate führt diese Belastung langfristig zum Burn-out und dann auch wieder zum Unterrichtsausfall. Die Rechnung ist leider nicht aufgegangen: Den Unterrichtsausfall durch höhere Stundenbelastung der Lehrkräfte auszugleichen- im Gegenteil, heute fällt noch mehr aus!
Aber nicht nur Gymnasiallehrer sind aktuell einer zu hohen Belastung ausgesetzt. Auch alle anderen Lehrer werden durch neue Anforderungen wie z.B. Inklusion und gemeinsamen Unterricht von Haupt- und Realschülern überlastet. Was die Lehrer davon halten interessiert im Ministerium offenbar niemanden. Auch diese Überlastung führt zu Unterrichtsausfall, auch wenn so manche Ministeriale das nicht wahr haben wollen.
Von den Bafög-Millionen spürt man an vielen Schulen leider gar nichts. Diese versickern in ideologischen Projekten und Doppelstrukturen der Landesregierung. Während an den Gymnasien gar nicht unterrichtet wird, werden an Gemeinschaftsschulen „Intensivierungsstunden“ mit zwei Lehrern in einem Raum gegeben. Dass diese Ungerechtigkeit viele Schüler verärgert, ist völlig klar! Während überflüssige neue Oberstufen an Gemeinschaftsschulen gegründet werden, werden kleine Dorfschulen (Grundschulen) geschlossen. Für das Lieblingsprojekt der Landesregierung, die Einheitsschule, scheint unendlich viel Geld da zu sein. Aber um die Unterrichtsversorgung an den Gymnasien zu gewährleisten, wollen die Ideologen kein Geld ausgeben! Den Aussagen der Regierung, dass sie „starke Gymnasien“ wollen, kann ich keinen Glauben mehr schenken, da sie diese bei jeder Gelegenheit nutzen diese zu schwächen.
Ich ,als „Kind des ersten G8-Jahrgangs“, habe das Gefühl, dass die Küstenkoalition uns aussitzen möchten! Wenn der Doppeljahrgang 2016 Abitur macht, wird sich die Lage automatisch entspannen, da auf einen Schlag zwei Jahrgänge wegfallen werden. Dieses Aussitzen auf unsere Kosten finde ich verantwortungslos! Wer denkt, dass man zwei Jahrgänge verbraten kann, hat die Problematik des Demographischen Wandels und des Fachkräftemangels nicht verstanden, ganz zu schweigen, was das für ein menschlicher Eklat ist!
Die Landesregierung verschließt nicht nur die Augen vor dem hohen Unterrichtsausfall. Sie verfälscht auch die Statistiken, durch die Erfindung „Eigenlernzeit“! An den Gymnasien werden in der Oberstufe die ausfallenden Stunden nicht vertreten, sondern die Schüler sollen alleine lernen. Dabei werden aber die ELZ-Stunden nicht als Ausfall verbucht, da die Schüler ein paar Zettel bekommen oder ein Buch lesen. Das ist allerdings nicht mit richtigem Unterricht zu vergleichen. Wie viele Stunden wirklich im Land ausfallen, weiß niemand. Und das Bildungsministerium sieht auch keinen Bedarf, die Zahl zu ermitteln und die Ministerin behauptet, dass an den Oberstufen und Grundschulen gar kein Unterrichtsausfall stattfindet. Das entspricht nicht der Realität!
Trotz all dem schafft es das Bildungsministerium, massiven Druck auf die Schulen und Lehrer auszuüben, obwohl sie diesen sehr dankbar sein sollte, dass nicht noch mehr Unterricht ausfällt!
Die oberste Priorität von Bildungspolitik sollte sein, dass der Unterricht stattfindet! Das passiert momentan nicht.
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