FLÜCHTLINGSKRISE – MEHR ALS DIE DEBATTE ÜBER EINE OBERGRENZE.

30.03.2016
Persönliche Meinung

von Felix Siegmon, Landesvorsitzender der Schüler Union

Was wir tun müssen, damit wir „es schaffen“

Seit Monaten wird über die Flüchtlingskrise diskutiert. „Schaffen wir das?“ Schaffen wir es, eine Million Flüchtlinge zu integrieren? Brauchen wir eine Obergrenze? Ist diese überhaupt mit unserer Verfassung zu vereinbaren? Die Flüchtlingsdebatte polarisiert, spaltet die Gesellschaft. Jeder hat eine Meinung zu dem Thema, doch Diskussionen laufen immer auf die gleiche Frage hinaus: „Schaffen wir das?“ Die Debatte darf sich aber nicht nur auf diese Frage beschränken! Wir müssen endlich darüber diskutieren, wie wir es schaffen. Wir müssen darüber diskutieren, was nötig ist, um die Flüchtlinge in unsere Gesellschaft zu integrieren.

Es gilt zu verhindern, dass unsere Gesellschaft gespalten wird. Es gilt zu verhindern, dass rechtsfreie Räume und Parallelgesellschaften entstehen. Es gilt zu verhindern, dass die Scharia gilt und über unsere Gesetze gestellt wird. Es gilt zu verhindern, dass Flüchtlingsheime brennen oder in diesen Tumulten ausbrechen. Damit diese Dinge nicht passieren, muss die Integration der Flüchtlinge in unsere Gesellschaft gelingen und dafür müssen wir etwas tun. Integration darf nicht nur gefordert werden, sondern muss auch gefördert werden. Integration kostet Zeit und Geld, das darf nicht verleugnet werden. Integration kann nur über die Sprache gelingen, darüber sind sich mittlerweile alle Experten einig. Dementsprechend müssen genügend Sprachkurse geschaffen werden. Und da reicht es nicht, zweimal die Woche einen Kurs anzubieten und Flüchtlingskinder den Rest der Woche in eine Regelklasse zu setzen und zu hoffen, dass sie dort die Sprache irgendwie aufschnappen. Die Sprachkurse sollten so intensiv sein, dass die Flüchtlinge die deutsche Sprache in der Regel in 6-12 Monaten erlernen.

Aber nicht nur Sprachkurse sind nötig, damit die Integration gelingen kann. Es muss den Flüchtlingen ebenfalls vermittelt werden, welche Regeln und Normen, wie z.B. die Gleichberechtigung von Mann und Frau, bei uns gelten. Aber auch einfache Dinge, wie sparsames Einkaufen oder Busfahren, müssen den Flüchtlingen erklärt werden, damit sie sich bei uns zurechtfinden können. Hierzu sollten – ergänzend zu den Sprachkursen -Integrationskurse angeboten werden. Aber damit nicht genug! Einige Flüchtlingskinder haben noch nie eine Schule besucht und müssen erst einmal lernen, wie man richtig lernt. Hierfür sollten Vorkurse angeboten werden, damit auch diese eine Chance haben.

Neben ausreichenden Angeboten zur Integration ist auch eine entsprechende Integrationsbereitschaft seitens der Flüchtlinge notwendig. Die meisten Flüchtlinge sind dazu bereit und versuchen alles: sie wollen die Sprache lernen, arbeiten, sich am gesellschaftlichen Leben beteiligen. Aber wie überall gibt es einige schwarze Schafe. Doch wer vor Krieg oder Verfolgung aufgrund seiner Religion oder politischen Einstellung flieht, sich an unsere Regeln und Gesetze hält und dazu bereit ist, ein Teil unserer Gesellschaft zu werden, findet bei uns Hilfs- und Aufnahmebereitschaft. Wer dazu nicht bereit ist, hat sein Gastrecht verwirkt.

In meinen Augen ist das größte Problem momentan, dass viele ehrenamtliche Helfer überlastet sind und nicht mehr lange durchhalten. Ohne dieses Engagement wäre das alles nicht möglich und wir würden „es nicht schaffen“. Es gilt also, den ehrenamtlichen Helfern die Arbeit zu erleichtern und sie zu entlasten. Die Last muss auf so viele Schultern wie möglich verteilt werden. So sollte man beispielsweise möglichst alle bürokratischen Hürden, sich zu engagieren, beseitigen und durch mehr hauptamtliche Helfer die wichtigsten Dingen organisieren, sodass es kein Problem ist, wenn ehrenamtliche Helfer mal eine Auszeit brauchen. Hierfür könnten z.B. noch mehr Stellen für ein freiwilliges soziales Jahr bzw. beim Bundesfreiwilligendienst geschaffen werden. Junge, engagierte Leute sind genau die Richtigen für diese Aufgaben.

Die vielen Flüchtlingen bringen nicht nur Probleme mit sich. Sie sind auch eine riesen Chance für unser Land und können einige unserer Probleme lösen. Seit Jahren bleiben tausende Lehrstellen unbesetzt und der Fachkräftemangel wird immer schlimmer. Diese Lücken könnten die Flüchtlinge langfristig schließen. Es sind nicht alle Flüchtlinge ausgebildete Ärzte und Ingenieure, viele haben keine ausreichende Schulbildung, um direkt in den Arbeitsmarkt integriert werden. Aber wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, unsere Sprache zu erlernen und sich weiterzubilden, könnten sie die Lücke in unserem Arbeitsmarkt langfristig schließen.

Zu guter Letzt noch ein Bekenntnis: Ich glaube, „wir schaffen es“! Ich bin der festen Überzeugung, dass unsere Kanzlerin den richtigen Weg eingeschlagen hat und wir in einigen Jahren stolz zurückblicken werden, weil wir uns unserer Verantwortung gestellt haben. Doch klar ist auch, dass wir die Krise nicht alleine bewältigen können und auf europäische Solidarität angewiesen sind. Mir ist bewusst, dass sowohl die europäische Lösung, als auch die Integration schwierig werden und ich habe auch nicht für alle Probleme eine Lösung – es wurden auch nicht alle Probleme in diesem Text aufgegriffen – aber es liegt in unserer Hand, diese zu lösen und die Chancen zu nutzen. Wir schaffen das!