Blogbeitrag zur geschlechtergerechten Sprache (Teil 1)

21.04.2021
Persönliche Meinung

Blogbeitrag von Robert Jatzow, Beisitzer im Landesvorstand und Kreisvorsitzender der JU Neumünster, zur aktuellen Diskussion ums Gendern

Wer heutzutage einen Blick in einige Zeitschriften wirft oder sich durch Rundfunkgebühren finanzierte Programme ansieht und -hört, dem fällt immer häufiger die Verwendung der sogenannten „geschlechtergerechten Sprache“ auf. Diese nimmt dabei verschiedenste Formen an, die nachfolgend behandelt werden.

Am häufigsten treten in der gesprochenen Sprache die sogenannten Doppelformen auf, also die Beidnennung sowohl der maskulinen als auch der femininen Form eines Substantivs, wobei üblicherweise die feminine Form der maskulinen vorauseilt. Häufige Beispiele dafür sind etwa „Bürgerinnen und Bürger“, „Schülerinnen und Schüler“ oder, wie bei der Jungen Union häufig zu hören, „Freundinnen und Freunde“. Diese Art des „Genderns“ findet sich zwar auch in der geschriebenen Sprache, sorgt dort aber schnell für einen aufgeblähten Text.
Um also Platz zu sparen, wurden bald verschiedene Kurzformen eingeführt, die dann beim Vorlesen in die Doppelform aufzuschlüsseln sind, und im Folgenden anhand
des Wortes „Politiker“ kurz veranschaulicht werden sollen.
• Der Schrägstrich: „Politiker/innen“.
• Das Binnen-I, also ein großes „I“ inmitten des Wortes: „PolitikerInnen“
• Der Asterisk, allgemein bekannt als „Genderstern“: „Politiker*innen“
• Der Unterstrich, auch bekannt als „Gender-Gap“: „Politiker_innen“
• Der Doppelpunkt: „Politiker:innen“

Gerade die letzten drei Varianten sollen zudem durch die Verwendung des Sonderzeichens auch denjenigen Raum bieten, die sich keinem der beiden biologischen Geschlechter zuordnen können oder wollen, doch ist hier nicht der Platz, um darüber zu sprechen. Es ist allerdings nötig zu erwähnen, dass diese Kurzformen mittlerweile teilweise gar nicht mehr aufgelöst, sondern mit einem Glottisschlag ausgesprochen werden, wodurch eine Verwechslung mit der rein femininen Form vermieden werden soll, was allerdings nicht immer ganz funktioniert und oft sehr obskur klingt.
Häufig werden ebenfalls Partizipialkonstruktionen verwendet, wovon die bekannteste wohl „Studierende“ als Ersatz für „Studenten“ ist. Hierbei gibt es allerdings auch berechtigte Fragen, ob sich dies überhaupt mit der Grammatik der deutschen Sprache verträgt. Bei manchen Wörtern ist ein entsprechendes Partizip außerdem auch schwer zu bilden. Der Politiker wäre wohl der „Politikbetreibende“.
Angetrieben durch die „feministische Sprachkritik“ wurde die „gendergerechte Sprache“ seit den
1970er/1980er Jahren vermehrt von der Politik aufgegriffen und bald auch von der Verwaltung genutzt.
Seitdem wurde das „Gendern“ immer weiter von oben eingefordert, sodass Arbeitgeber, die in ihren Stellenausschreibungen nicht die angeblich geschlechtergerechten Formulierungen verwenden, mit Abmahnungen und Studenten, die sich gegen einen derartigen Zwang stellen, mit Punktabzügen zu rechnen
haben. Doch warum nun die ganze Aufregung? Immerhin haben doch Studien gezeigt, dass eine Verwendung des generischen Maskulinums den Hörer oder Leser nur an Männer denken lässt? Wer würde denn auch an seine weiblichen Gäste denken, wenn die Großmutter fragt, ob man seinen Geburtstag mit Freunden verbracht habe? Und wenn man vorschlägt, zum Italiener zu gehen, denkt man natürlich in erster Linie an einen Mann aus dem Mittelmeerraum und nicht einfach an die einen erwartende Gastronomie? Oder könnte es etwa sein, dass man derartigen Studien nicht ohne weiteres Glauben schenken sollte?
An dieser Stelle möchte sich der Verfasser für die Suggestivfragen entschuldigen, denn natürlich ist es nicht so. Fast allen dieser Studien liegen statistische Fehler zugrunde: Befragt wurden nur Studenten, zumeist Studentinnen! Teilweise nahmen nur 15–30 Leute an diesen Studien teil und oft lag der Frauenanteil bei über 70 oder 80 Prozent! Dass eine solche Auswahlgruppe nicht repräsentativ ist, sollte eigentlich jedermann klar sein, doch scheinen diese Hinweise nicht zu den Verfechtern der Sprachumformung durchzudringen.
Es gibt aber auch andere Studien, wonach tatsächlich einige Begriffe hauptsächlich männliche Vorstellungen hervorrufen. Beispiel dafür sind „Piloten“, „Soldaten“ oder „Terroristen“. Allerdings ist dies kein Beweis dafür, dass dies an der Verwendung des maskulinen Geschlechtes liegt, ganz im Gegenteil: Die gleichen Studien durchgeführt an Japanern, Ungarn und Türken hatten das gleiche Ergebnis.
„Toll! Und was soll mir das sagen?“ Mag sich nun so mancher denken. Ganz einfach: Ihre Sprachen
haben keine Genera, sie unterscheiden nicht zwischen Maskulinum und Femininum! Folglich prägt nicht die Sprache die Vorstellung, – nein, – die Realität prägt die Vorstellung und die Realität ist nun mal so, dass es deutlicher weniger Frauen in diesen Gruppen gibt! Die Grundannahme der „geschlechtergerechten Sprache“ – „Sprache präge das Bewusstsein“ darf meiner Meinung nach als falsch betrachtet werden.
Hätte man etwa einen Westdeutschen zur Zeit der Bedrohung durch die RAF danach gefragt, was er sich unter dem Begriff „Terrorist“ vorstelle, so hätte dieser wohl eine andere Antwort gegeben. Für ihn waren Terroristen nicht vorwiegend männliche Islamisten. Er hätte wohl zuerst an Andreas Baader und Ulrike Meinhof gedacht, an einen Mann und eine Frau!
Am 26.03.2021 äußerte der Rat für deutsche Rechtschreibung, die höchste Instanz in Fragen zur deutschen Sprache, seine Empfehlungen zur „geschlechtergerechten Sprache“. Darin heißt es: „Der Rat für deutsche Rechtschreibung bekräftigt in seiner Sitzung am 26.03.2021 seine Auffassung, dass allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden soll und sie sensibel angesprochen werden sollen. Dies ist allerdings eine gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Aufgabe, die nicht allein mit orthografischen Regeln und Änderungen der Rechtschreibung gelöst werden kann. Das amtliche Regelwerk gilt für Schulen sowie für Verwaltung und Rechtspflege. Der Rat hat vor diesem Hintergrund die Aufnahme von Asterisk („Gender-Stern“), Unterstrich („Gendergap“), Doppelpunkt oder anderen verkürzten Formen zur Kennzeichnung mehrgeschlechtlicher Bezeichnungen im Wortinnern in das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung zu diesem Zeitpunkt nicht empfohlen.“

Er nennt unter anderem die folgenden Kriterien für gendersensible Schreibung:
1. Sachlich korrekt sein
2. verständlich und lesbar sein,
3. vorlesbar sein (mit Blick auf die Altersentwicklung der Bevölkerung und die Tendenz in den
Medien, Texte in vorlesbarer Form zur Verfügung zu stellen),
4. Rechtssicherheit und Eindeutigkeit gewährleisten,
5. Außerdem betont der Rat, dass geschlechtergerechte Schreibung nicht das Erlernen der geschriebenen deutschen Sprache erschweren darf (Lernbarkeit).

So bedauerlich es auch ist, dass der Rat das Konzept der „geschlechtergerechten Sprache“ an sich nicht hinterfragt, sondern sich für ihre Verwendung ausspricht, so erbaulich ist es doch, dass selbst er sich gegen die Verwendung von Gendersternchen und dergleichen ausspricht. Wenn also selbst der theoretisch mächtigste Unterstützer der „geschlechtergerechten Sprache“ sich nicht dazu durchdringen kann, so wundert es doch sehr, dass das Einfügen von Sonderzeichen inmitten von Wörtern noch immer seine Unterstützer findet.
Tatsache ist jedoch, dass sich die Verwendung dieser Sprachformen auch nach knapp 50 Jahren nur auf kleine Gruppen beschränkt. Abseits einiger Berufspolitiker, Verwaltung, Universität oder linksgrünen Journalisten hat die „Gender-Sprache“ keine Hausmacht, und auch der Beamte, der im Büro auf das Gendersternchen achten muss, spricht mit seinem privaten Umfeld meist simpler. Die meisten Deutschen schaffen es eben doch noch, das „Sexus“ vom „Genus“ zu unterscheiden.