Deutschlands schwache Haltung im Ukrainekonflikt

10.02.2022
Persönliche Meinung

Ein Blogbeitrag von Tobias Kruschke

Seit Kurzem bin ich mir ziemlich sicher, dass die Verteidigungsministerin und ich zumindest eine Sache gemeinsam haben: Wir sind beide Fans von Monty Python. Jedenfalls wirkt es so, als ließe sich Frau Lambrecht in ihrer Politik von der britischen Comedytruppe inspirieren. In dem Film ‘Monty Python’s wunderbare Welt der Schwerkraft’ wird in einem der gezeigten Sketche ein Witz entwickelt, der so komisch ist, dass jeder, der diesen hört oder liest, vor Lachen stirbt und letztendlich vom Militär als Waffe eingesetzt wird. An Putins Stelle hätte ich mich wahrscheinlich totgelacht, hätte ich von der ‘Unterstützung’ gehört, die Deutschland der Ukraine zukommen lässt. Eine Lieferung von 5000 Helmen und einem Feldlazarett unironisch als “starkes Zeichen” zu betiteln, wie es die Ministerin getan hat, ist nichts anderes als ein “absoluter Witz”, um Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko zu zitieren.

Allgemein scheidet die Ampelregierung in dieser Krise schlecht ab. Sie ist kein verlässlicher Partner unserer Verbündeten wie Frankreich, Großbritannien oder den USA. Galt Deutschland während Merkels Kanzlerschaft als zuverlässig, fragen sich unsere internationalen Partner mittlerweile, wofür die aktuelle Regierung in diesem Konflikt überhaupt steht. Während die Niederlande Waffenlieferungen prüft und die USA ihr Aufgebot an Truppen verstärken, hält sich Deutschland mit der vorgeschobenen Begründung der historischen Verantwortung zurück.

Eben jene historische Verantwortung passt, meiner Meinung nach, nicht so recht ins Selbstbild der Sozialdemokraten und der Grünen. Hört man aus linken Kreisen immerhin häufig, dass man sich eher als Europäer denn als Deutscher fühle, sollte eben jenes Gefühl unsere Regierung zu einem anderen außenpolitischen Handeln bewegen. Schließlich ist seit Neville Chamberlain klar, dass Europa einander unterstützen sollte, statt einfach nur zuzusehen, wie Autokraten Gebiete annektieren und ihre Muskeln spielen lassen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass der Gegenspieler in diesem Falle Russland heißt. Haben sich doch bereits frühere SPD-geführte Regierungen nicht von der so wichtigen historischen Verantwortung abhalten lassen, in einen europäischen Konflikt militärisch einzugreifen und dass manche Genossen, darunter auch ein ehemaliger Kanzler, Russland gegenüber sehr zugeneigt sind, dürfte auch kein Geheimnis sein.

Nun möchte ich hier allerdings kein Plädoyer für einen Krieg halten. Diplomatische Verhandlungen sind besser als Einmarschbefehle und nach langem Versteckspiel hat unser Bundeskanzler bereits für Mitte Februar einen Besuch in Moskau und Kiew eingeplant. Es bleibt zu hoffen, dass Scholz von seinen Reisen, auf die die scheidende Kanzlerin ihn in Vorbereitung auf sein Amt mitgenommen hat, etwas von Merkel gelernt hat, was Gespräche mit anderen Staats- und Regierungschefs angeht. Bisher glänzte Scholz allerdings weder mit Anwesenheit, noch mit konkreten Aussagen oder Maßnahmen diese Krise betreffend. Fraglich also, ob unser Kanzler im bilateralen Austausch mit Selenskyj und Putin sich zu mehr als nur seinen typisch schwammigen Formulierungen hinreißen lässt.

Auch wenn unsere Regierung keine Soldaten entsenden oder Offensivwaffen an die Ukraine liefern will, gibt es doch weitaus bessere Möglichkeiten, ein starkes Signal zu senden, um zu zeigen, dass wir tatsächlich an der Seite der Ukraine stehen und die, auch von Russland nach Beendigung des Kalten Krieges, zugesicherte Bündnisfreiheit als unverhandelbar erachten. Es gibt genügend hilfreiche Defensivwaffen, die die Regierung liefern könnte. In vergangenen Krisen hat Deutschland Haltung gezeigt und in Konflikten Verbündete unterstützt, ohne dass wir direkt militärisch beteiligt waren. Dies geschah zum Beispiel durch Lieferungen vernünftiger Defensivwaffen, mit denen unsere Verbündeten auch etwas anfangen konnten. So waren unsere kurdischen Freunde noch derartig begeistert über die gelieferten Panzerabwehrraketen, dass sie ihre Kinder Milan nannten. Zum Verhalten der Ampelkoalition jedoch fällt mir keine bessere Möglichkeit ein, um einem verbündeten Land gegenüber seine Gleichgültigkeit auszudrücken. Ich jedenfalls empfehle der Verteidigungsministerin, sich bei ihrer nächsten Entscheidung nicht von einem Monty Python Film inspirieren zu lassen. Sonst besteht die nächste Lieferung wohlmöglich noch aus 5000 Kaninchen.