Die Begrenzung des Streikrechts wäre eine fatale Fehlentwicklung!

15.03.2023
Persönliche Meinung

Blogbeitrag von Jens Wolff, Kreisvorsitzender der JU SL-FL

Jüngst forderte der Arbeitgeberverband BDA, dass der Gesetzgeber in das Streikrecht
eingreifen solle. Das Arbeitskampfrecht werde zunehmend unberechenbarer, so der
Hauptgeschäftsführer des Arbeitsgeberverbandes. Eine gesetzliche Regelung sei längst
überfällig, heißt es weiter. Streiks und Arbeitsniederlegungen sollen immer nur das letzte
Mittel in einer Tarifauseinandersetzung sein dürfen. Was plausibel klingt, bedeutet faktisch
nichts anderes als ein massiver Eingriff in die Rechte aller Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer und wirft die grundsätzliche Frage des Rechts auf faire Bezahlung für
Erwerbsarbeit in Deutschland auf. Nur wenn die Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf
Augenhöhe konstruktiv miteinander Gespräche über Tarifverhandlungen führen, kann eine
faire und angemessene Vergütung erzielt werden. Um die Herstellung der
Arbeitskampfparität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu gewährleisten, sieht das
Grundgesetz in Artikel 9 nicht ohne Grund das Recht der Arbeitskämpfe, also auch des
Streikens vor. Doch wie sollen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Augenhöhe mit
den Arbeitgebern verhandeln können, wenn sie ihr stärkstes Schwert, den Streik, per Gesetz
aus der Hand genommen bekommen. Der Vorschlag des Arbeitgeberverbandes würde die
Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu „Bettelei“ verkommen
lassen, wie es der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke beschreibt. Diese Einschätzung scheint
auch nicht abwegig, wenn es zu einer gesetzlichen Verpflichtung zur Schlichtung kommen
sollte. Der Arbeitskampf könnte dann nur noch in Ausnahmefällen, also praktisch nie,
stattfinden. Dass die Forderungen der Arbeitnehmer dann auch nur annähernd erfüllt
würden, wäre eine Illusion.
Wir sollten in Deutschland auf unsere Streikkultur stolz sein und sie schützen, nicht
sanktionieren. Ein Blick auf unser Nachbarland Frankreich zeigt uns doch sehr eindrucksvoll,
wie gesittet es bei uns vorgeht. Vor allem, wenn man bedenkt, dass gerade in sensiblen
Bereichen stets ein Mindestbetrieb sichergestellt bleibt, dann gilt es diese Streikkultur zu
erhalten.
Dennoch passt diese Forderung des BDA in die aktuelle Zeit und fehlende Rückendeckung
aus der Bundesregierung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer passt ins Bild der
Prioritäten unserer SPD geführten Bundesregierung. Diese hat offensichtlich ihren Fokus auf
den weiteren Ausbau der sozialen Hängematte gesetzt, statt die Menschen zu unterstützen,
die unser Land durch ihre Kompetenzen voranbringen. Die Anreize für Menschen in
niedrigen Einkommensgruppen arbeiten zu gehen, werden dabei ebenfalls völlig außer Acht
gelassen. Hat das noch mit der berühmten sozialen Gerechtigkeit, für die Bundeskanzler
Scholz noch im Wahlkampf stand, zu tun?
Dass die SPD die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land vergessen hat, ist
keine neue Entwicklung. Statt einer Stärkung der Tarifbindung- und autonomie sowie einer
wirklich fairen Bezahlung, wird lieber ein Mindestlohn von 12 € eingeführt, der für die
meisten Menschen in diesem Land langfristig keine signifikante Verbesserung gebracht hat.
Eine wirkliche Lösung, nämlich die Stärkung der Tarifverträge und
Arbeitnehmervertretungen, schien wohl zu viel verlangt.
Die Bundesregierung ist nun gefordert, derartige Forderungen im Keim zu ersticken, anstatt
sich weiter wegzuducken und die hart arbeitenden Menschen in Deutschland allein zu
lassen.

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