Die Bundestagswahl – Eine kurze Analyse

06.10.2021
Persönliche Meinung

Blogbeitrag von Florian Slopianka (Schatzmeister der JU Schleswig-Holstein und Kreisvorsitzender der JU Herzogtum Lauenburg) zur Bundestagswahl

Der 26. September war eine Abwahl: Der Union, des Programms, der Kampagne und des Kanzlerkandidaten. Eines gleich vor weg: Armin Laschet ist der sichtbare Grund für diese Niederlage und muss diese persönlich verantworten. Die Gründe der Niederlage liegen aber tiefer und müssen ebenfalls angesprochen werden. Genau das soll in diesem Blogbeitrag geschehen und Wege in eine gute Zukunft aufzeigen.

Doch zunächst richten wir den Blick auf die Bundestagswahl und ein paar Zahlen, um das Debakel greifen zu können. Mit 24,1% der Stimmen und einem Einbruch von fast neun Prozent ist das Ergebnis von CDU und CSU katastrophal schlecht. Damit setzt sich der Trend der Wahlniederlage von 2017 dramatisch fort. Bereits damals sank der schwarze Balken um mehr als acht Prozent. Die Union verlor weit mehr als eine Million Wähler an die FDP und fast eine Million an die AfD. Nun, 2021, verlor man anderthalb Millionen Stimmen an die SPD, fast eine Million Wähler an die Grünen und eine halbe Million Stimmen an die FDP. Damit steht fest: 2017 und 2021 gingen der Union weite Teile der Wählerschaft verloren – und zwar zu nahezu jeder politischen Seite. Ein Zeichen dafür, dass der Markenkern der Union schlichtweg nicht mehr greifbar ist.

Genau das geht auch aus den veröffentlichten Befragungen von Infratest dimap hervor: Gerade einmal 14 Prozent geben an, die Union hätte die besten Antworten auf die Zukunft. Immerhin gingen hier nur vier Prozent verloren, könnten Optimisten behaupten. Denn bei den Kompetenzen wurde den Schwarzen die rote Karte gezeigt: Beim Thema Wirtschaft ist ein dramatisches Minus von 25 Prozent zu verzeichnen, auch bei den Themen Außenpolitik, Steuerpolitik, Kriminalitätsbekämpfung, Altersversorgung sowie Asyl- und Flüchtlingspolitik gibt es zweistellige Verluste. Die Wähler attestieren damit nicht weniger als einen Vertrauensentzug – zumal fast zwei Drittel der Auffassung sind, die Union hätte sich zuletzt mehr um Personen als um Inhalte gekümmert.

2017 konnte noch der Kandidatenfaktor Angela Merkels das Ergebnis abfedern. 2021 hieß der Kanzlerkandidat aber Armin Laschet. Ein Kanzlerkandidat, dem nicht einmal jeder Dritte zutraut, dem Amt des Bundeskanzlers gewachsen zu sein. Ein Kandidat, der bei einer Direktwahl magere 20 Prozent holen würde. Und ein Kandidat, der von der eigenen Wählerschaft und Parteibasis nie gewollt war. Auch vor der unglücklichen Stimmabgabe, noch vor der fehlenden Antwort auf die Frage, welche drei Punkte er nach der Wahl sofort umsetzen wolle, und auch vor dem berühmten Lacher war Armin Laschet nicht mehrheitsfähig oder gar kanzlerreif.

Wir halten fest: Weder Kandidat noch Programm konnten überzeugen. Daher hätte es eine griffige Kampagne gebraucht – und Geschlossenheit. Beides fehlte gänzlich. Die Kampagne war amateurhaft vorbereitet, zahnlos und nahezu ausschließlich auf die Grünen und deren Themen konzentriert. Die Geschlossenheit konnte an der Parteibasis weitgehend hergestellt werden. Doch die Störfeuer aus München gaben nach außen ein Bild der inneren Zerstrittenheit ab, das sicher auch Wählerstimmen gekostet haben wird. Fast die Hälfte der Befragten gibt an, dass das Verhalten Markus Söders der Union geschadet hat.

Zuletzt noch ein Blick auf die Zusammensetzung der verbliebenen Wählerschaft: Diese ist vor allem eines: alt. Nur in der Gruppe der Ü70-Jährigen konnte die 30-Prozent-Marke gerissen werden. Bei den Wählern unter 45 konnten weniger als 20 Prozent von der Union überzeugt werden. Auch hier setzten sich die Verluste aus 2017 deutlich fort. Ein düsterer Blick in die Zukunft offenbart sich.

Konsequenzen ziehen

Genug der Analyse. Denn der Weg in die Zukunft ist entscheidend. Damit dieser glaubwürdig beschritten werden kann, müssen zunächst personelle Konsequenzen folgen. Ansonsten wabert die Personaldiskussion weiter und zum anderen werden Personen unweigerlich auch mit Inhalten verknüpft. Deshalb müssen drei Punkte umgesetzt werden:
1. Armin Laschet muss als Parteivorsitzender zurücktreten. Es braucht eine neue Aufstellung der Union im Spitzenpersonal. Es wird Zeit für einen Generationswechsel.
2. Paul Ziemiak muss als Generalsekretär zurücktreten. Er steht in der Hauptverantwortung für die komplett misslungene Erarbeitung des Wahlprogramms und der „Kampagne“ im Wahlkampf.
3. Der Bundesvorstand muss sich – ebenso wie das Präsidium - außerordentlich zur Wahl stellen. Sie müssen Verantwortung für die Entscheidung in der K-Frage gegen die Basis übernehmen. Hierbei ist eine breite Einbindung der Basis erstrebenswert, um die Akzeptanz der neuen Verantwortlichen zu erhöhen. Dann werden die Diskussionen über Hinterzimmer abklingen. Und bevor es wieder einen SPD-Vergleich gibt: Man sollte Unionsmitgliedern endlich etwas zutrauen und neue Wege beschreiten.

Das Ganze sollte schnell und zeitnah erfolgen, um sich dann den wichtigen inhaltlichen Fragen und neuen Strukturen zu stellen:
1. In der K-Frage muss künftig früher entschieden werden. Ob hierbei eine Mitgliederbefragung durchgeführt wird oder ein Kreisvorsitzenden-Kongress einberufen wird: Der Weg geht über die mündigen Mitglieder.
2. Die Bundespartei muss sich strukturell modernisieren. Es muss von Bundesebene eine Initiative ausgehen, die vor Ort deutliche Änderungen ermöglicht. Dies muss unter den Maximen „Servicegedanke für alle Ebenen, niedrige Hemmschwellen zur Mitarbeit und Vernetzungsgedanke“ erfolgen. Phrasen wie „Grüne zurückholen“ oder „jünger, städtischer, weiblicher“ haben uns maßgeblich in die aktuelle Lage gebracht. Auch ein plakativer „Rechtsruck“ ist überhaupt nicht zielführend.
3. Handyverbot zumindest vorübergehend in Sitzungen des Präsidiums der CDU, des Bundesvorstandes und auch der Bundestagsfraktion. Alternativ müssen Handystörsender aufgebaut werden. Die Kultur des „Durchstechens“ im aktuellen Maße schadet Demokratie, Vertrauen und der Qualität von Beratungen und Beschlüssen.
4. Die Bundesebene muss greifbare Themen zu Inhalten anbieten, die aus den Werten ableitbar sind. Die Union muss sich als Volkspartei selbstbewusst ausdefinieren und konkrete Ideen für die Entwicklung des Landes haben. Stichworte: Sicherheit, Migration, Wirtschaft, Digitalisierung, Staatsstrukturen, Bildung, Außenpolitik, Verteidigungspolitik, „Kümmererfunktion“. Alles unter der Prämisse, sich nicht an kurzfristigen Stimmungslagen zu orientieren, sondern einen langfristigen Plan zu haben. Mit konkreten Aussagen, die im Zweifel auch Gegenwind auslösen.
5. Themen sollten auch zeitunabhängig abgestimmt und diskutiert werden können, um auch Familien und Berufstätige stärker einzubinden. Das kann mit digitalen Tools funktionieren.

Optimistisch in die Zukunft einer neuen Union
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.“ Das Zitat von Bertolt Brecht findet auch auf die aktuelle Lage der Union Anwendung. Jetzt ist die Zeit, den Aufbruch zu wagen in eine bessere Zukunft – mit anderen Köpfen, neuen Strukturen und klaren Inhalten.
Diese Zukunft können wir prägen und gestalten. Die Junge Union war immer Motor und Gewissen der CDU. Genau das ist jetzt gefragt.
Nicht alle Punkte dieses Beitrags müssen von jedem einzelnen Leser auch so geteilt werden. Wichtig ist nur, dass wir sehen, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt.
Daher eine persönliche Bitte zum Ende dieses Beitrags: Lasst uns gemeinsam anpacken und die CDU reformieren. Wer noch kein Mitglied ist und diesen Beitrag liest, ist herzlich eingeladen, daran mitzuwirken. So geht Aufbruch!