Lernen aus der Pandemie - gemeinsam die Schule der Zukunft gestalten

05.08.2021
Persönliche Meinung

Blogbeitrag für die JU-Aktionswoche: "Bildung for Future"
Karin Prien, Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein

Schule hat sich in den letzten anderthalb Jahren deutlich verändert. Wir alle mussten in Zeiten von Unsicherheit, wenig Vorhersehbarkeit und sich ständig ändernden Rahmenbedingungen schelle und kreative Lösungen finden. 
Schulleitungen, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern haben dabei eine beeindruckende Lernkurve gezeigt und die Herausforderungen immer besser gemeistert.
In wenigen Monaten hat unser Schulsystem einen Transformationsprozess durchlaufen, der sich normalerweise über Jahre hinwegzieht. Wir haben die Digitalisierung unserer Schulen in großen Schritten vorangetrieben und gemeinsam viel gelernt.
In diesem Schuljahr startet die Ausstattung aller Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten und auch für Schülerinnen und Schüler, die kein eigenes Endgerät haben, können wir knapp 70.000 Endgeräten finanzieren. Neben der technischen Ausstattung mit Hard- und Software steht die Qualifizierung der Lehrkräfte im Mittelpunkt. Die Digitalisierung ermöglicht ganz neue Lehr- und Lernmethoden sowie eine veränderte Aufgaben- und Prüfungskultur. Darauf bereiten wir unsere Lehrkräfte mit einer Vielzahl von Fortbildungen vor.

Ohne die Pandemie hätten wir all das sicher nicht in dieser Geschwindigkeit getan. Diesen Schwung werden wir jetzt nutzen, um gemeinsam zu reflektieren, was gut funktioniert hat, was erhalten bleiben soll und wo noch Weiterentwicklungsbedarf besteht.
Denn digitale Bildung ist nicht nur in Zeiten des Distanzlernen bedeutsam, sondern vor allem auch für eine Schule in Präsenz, die auf die Herausforderung der Zukunft vorbereiten will.
Wie gestalten wir die Schule der Zukunft? Diese Frage möchte ich in einem breiten Dialog mit allen Beteiligten beantworten. Deshalb lade ich explizit auch alle jungen Menschen ein, ihre Sichtweisen mit in diesen Entwicklungsprozess einzubringen. 
Mit den Erfahrungen aus der Zeit des Distanzlernens und des Wechselunterrichts sowie Erkenntnissen aus Studien und Befragungen, haben wir eine gute Grundlage, um den Unterricht an unseren Schulen langfristig weiterzuentwickeln.
Ein wichtiges Thema für Schülerinnen und Schüler, Eltern und Ausbildungsbetriebe ist die Etablierung von verlässlichen Qualitätsstandards. Dazu gehören effiziente Klassenführung, kognitive Aktivierung und konstruktive Unterstützung der Schülerinnen und Schüler.  Diese Qualitätsstandards sind nicht nur in Phasen des Distanzlernens oder des Wechselunterrichts von Bedeutung, sondern auch für den weiteren Schulentwicklungsprozess.
Lernen aus der Pandemie – das bedeutet, die mit viel Kreativität und Einsatz geschaffenen Innnovationen auch abseits der unmittelbaren Krisenbewältigung zu nutzen und zu verstetigen.

Wir wollen den Schulen einen Freiraum geben für kreative Ideen und Möglichkeiten der Unterrichtsneugestaltung. Unser Ziel ist ein zukunftsorientiertes Schulentwicklungskonzept hin zu einer Schule, die in einer Kultur der Digitalität lernt und lehrt.
Noch ein Aspekt ist mir sehr wichtig: Die Pandemie hat nicht nur unsere Schulen verändert, sondern auch unser gesellschaftliches Miteinander. Neben vielen Momenten der Solidarität haben wir immer wieder gesellschaftliche Spaltungen und Konflikte erlebt. Auch die sozialen Medien spielen dabei eine Rolle. Sie bieten uns einerseits zusätzliche Möglichkeiten der Information, des Austauschs und des Engagements und senken damit die Hürde, am öffentlichen Diskurs teilzunehmen. Andererseits steigt dadurch auch die Anzahl der Falschinformationen. Wir müssen uns bewusst sein: Je individueller politische Partizipation gehandhabt wird, desto wichtiger ist ein gutes Fundament an politischer Bildung. Denn ohne die nötigen Kompetenzen können wir Inhalte nicht bewerten und einordnen. 

Deshalb bleibt politische Bildung und Demokratieerziehung an unseren Schulen von sehr hoher Bedeutung. Gleichzeitig sehe ich die politische Willensbildung auch als eine Aufgabe für die Jugendorganisationen der Parteien. Gerade jetzt nach Monaten der sozialen Distanz gewinnt das Zusammentreffen mit Gleichaltrigen an Bedeutung. Das kann eine Chance sein, junge Menschen für das Engagement in einer Partei zu motivieren. 
Viele von uns sind in der Pandemie über sich selbst hinausgewachsen. Ich glaube, diese Erfahrung kann uns helfen, insgesamt resilienter zu werden und auch in Zukunft mit Unsicherheiten umzugehen.

Gemeinsam lernen wir aus dieser Pandemie – und ich freue mich über jede Idee, die uns auf diesem Weg ein Schritt weiterbringt.